Wenn russische Panzer in die Ukraine rollen, prangt oft ein „Z“ auf dem Metall. Um die Bedeutung wird spekuliert, als Symbol steht es für den Angriffskrieg Russlands. Vor wenigen Wochen noch stand das „Z“ für eine ganz andere Botschaft. Constantin Costa-Gavras Film von 1969 „gilt als genrebildender Klassiker des politisch engagierten Kinos“, erklärt die Wikipedia, und wurde mit dem „Oscar“ ausgezeichnet. Die Vorlage hatte Vassilis Vassilikos mit seinem gleichnamigen Tatsachenroman geliefert. Er handelt vom Mord an dem linken Oppositionspolitiker Grigoris Lambrakis in Griechenland 1963 und dem folgenden Prozess bis 1966 hinzog und schildert die Situation kurz vor dem Beginn der Militärdiktatur. Dass nun die russische Kriegspropaganda das Z okkupiert hat, empört den Autor. Für Vasilikos hat es eine ganz andere Bedeutung, erklärt er Pascal Beucker im Interview in der „Taz“: „Ich empfinde Abscheu und Trauer, wenn ich den Buchstaben Z auf russischen Panzern sehe. Denn das Z war ein Symbol gegen die griechische Junta, die am 21. April 1967 mit Panzern ihre Diktatur in meinem Land errichtete. Das heißt, das Z war und ist das Gegenteil der ,Philosophie’ der Panzer! […] Das Z ist ein Buchstabe, den ich schon lange vor dem Schreiben meines Buches geliebt hatte, da er das Symbol der französischen Züge war und man ihn an allen Bahnhöfen sehen konnte. Nach der Veröffentlichung des Buches sowie von Costas-Gavras' Film im Jahr 1969 wurde das Z zum Symbol des Lebens und Kampfes von Grigoris Lambrakis, aber natürlich auch zu einem universellen Symbol des Friedens. Das Z steht dabei für das neugriechische ,Zeí‘ und bedeutet: ,Er lebt’. […] Die Junta verbot schließlich den Gebrauch des Buchstaben Z.“ Über Film, Buch und Politik sprach Vassilikos auch vor vier Jahren mit seinen Kollegen Ulf-Dieter Klemm und Petros Markaris im Deutschlandfunk zum 50. Jubiläum seines Romans. Zum 25. Jubiläum des Films sprach Thomas Pfaff im WDR über den Klassiker. Vor der neuen Wirklichkeit musste sich auch ein anderer Künstler beugen. Übernächste Woche eröffnet das Internationale Filmfestival in Cannes mit dem neuesten Werk von Michel Hazanavicius. „Z (Comme Z)“ sollte die Zombie-Komödie eigentlich heißen, inzwischen hat sie einen neuen Titel, teilte das Festival Ende April mit. Zuvor hatte das Ukrainische Kulturinstitut in einem Offenen Brief an Festival und Regisseur angemahnt, dass der Buchstabe Z in Russland als Symbol für den Krieg gegen die Ukraine genutzt wird. Die „Stuttgarter Nachrichten“ zitieren Hazanavicius: „Der Titel war vielleicht lustig, als ich den Film vor einigen Monaten fertigstellte, aber heute ist er es überhaupt nicht mehr und ich kann ihn nicht ertragen.“ Sein Film trägt nun den Titel „Coupez“. Das „heißt übersetzt so viel wie ,Schneidet/Schneiden Sie’ und spielt sowohl aufs Filmhandwerk als auch den Vampirismus aus dem Film an“, erklärt die Deutsche Presse-Agentur, wo man sich im Genre des Horrorfilms offenbar nicht so gut auskennt. Der internationale Titel bleibe: „Final Cut“.
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