„In Hollywood streiken Drehbuchautorinnen und Schauspieler, Sky streicht seine Fictionproduktionen, Disney kürzt Megaproduktionen, Paramount verhandelt mit Kreditgebern. Der vielmilliardenschwere Streamingboom scheint erst einmal gestoppt.“ Plastisch beschreibt Harald Fidler im „Standard” die Lage, ehe er mit der Drehbuchautorin Annette Hess spricht. Die wurde bekannt durch ihre ZDF-Serien „Weissensee“ und „Ku’damm 56“, adaptierte für Amazon nochmal die „Kinder vom Bahnhof Zoo“ und nun für Disney Plus ihren eigenen Roman „Deutsches Haus“. Doch die fetten Jahre sind vorbei, sagt sie: „Das Ganze ist in Wahrheit ein Schneeballsystem gewesen, und dieser Elefant stand schon lange im Raum. Sonst wird ja in der Branche alles akribisch abgesichert und durchkalkuliert. Aber hier haben wir uns alle dem Rausch der Goldgräberstimmung hingegeben. Das wiederum finde ich rührend und menschlich. […] Der Markt wird sich regulieren. Das dauert so drei, vier Jahre. Vor einem Jahr haben wir meine Serie ,Deutsches Haus’ gedreht. Da war es noch wahnsinnig schwierig, einen Beleuchter zu finden. Alle waren schwer beschäftigt. Da hieß es: ,Ruf in zwei Jahren wieder an.’ Jetzt kann man wieder anrufen. […] Es wird deutlich weniger produziert, aber es wird ja noch produziert. Aber die Berufsanfänger werden es schwer haben. Und viele haben in den letzten Jahren an Serienkonzeptionen gearbeitet, mit der großen Hoffnung, einen Coup zu landen. Das war ein Stück weit umsonst, und es herrscht großer Frust. Auch bedingt durch die massive Absagewelle der letzten Monate – die noch lange nicht abgeebbt ist.“ Das betrifft nicht nur die Streamer: „Auch ARD und ZDF fahren massiv runter. Deren Sparpläne sind beängstigend – als erstes geht es auch hier der Fiction an den Kragen. Da werden Neunzigminüter eingestrichen, ,Sokos‘ werden jetzt ausgesiebt. Aber bei den Öffentlich-Rechtlichen gibt es immerhin noch gewisse Faktoren der Verlässlichkeit. Serien und Reihen, die zuverlässig gedreht werden, und so ein Honorar kann die Miete sichern. Bei den Streamern gibt es dagegen wenig Verlässlichkeit. Ich als Ernährerin einer Familie könnte da niemals alleine drauf setzen.“
03.08.23, 23:51 Cinearte #685 – Der Branchennewsletter von Crew United
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